Schulterschluss für niveauvolles Werben in der historischen Innenstadt

Innenstadt, den 22.07.2010

Die Landeshauptstadt Potsdam praktiziert den Schulterschluss für ein niveauvolles Werben in der historischen Innenstadt: Verwaltung, AG Innenstadt, IHK, DEHOGA, Handelsverband, Geschäftsstraßenmanagement und der Bürgerverein Potsdamer Innenstadt - Freies Tor sind sich einig und wollen gemeinsam gegen die zunehmende Werbeflut vorgehen. Bevor es jedoch um Restriktionen geht, sollen die Gewerbetreibenden über die Regelungen der Werbesatzung informiert werden. Ein Schreiben mit den wichtigsten Regelungen der seit September 2006 geltenden Satzung wurde in den letzten Tagen an 150 Unternehmen vornehmlich in der Brandenburger Straße und deren Seitenstraße verteilt. Nach dem 30. Juli sollen Begehungen stattfinden, um ggf. Verstöße festzustellen und zu ahnden.
Der Zeitpunkt wurde bewusst gewählt. Vom 25. Juli bis 1. August 2010 sind im Zusammenhang mit der Weltmeisterschaft der Marching Show Bands sehr viele Musikgruppen in der Stadt. An deren Auftritten im historischen Zentrum sollen Bewohner, Besucher und Gewerbetreibende Potsdams teilhaben - ungestört von lästigen „Kundenstoppern" oder Warenpräsentationen. Am 31. Juli gibt es die 6. Auflage der „Potsdamer Erlebnisnacht". Auch dieses Ereignis zieht viele Interessenten in die Stadt, die entspannt flanieren möchten.
Der Unmut über das „Werbe-Wettrüsten" in der Innenstadt ist groß. Neben der Flut an „Kundenstoppern" und Werbeauslagen, die die Gefahr mit sich bringen, dass die Fußgängerzone optisch zur Ramschmeile verkommt, stellen die vielen ungenehmigten Werbeanlagen auch für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen oder Familien mit Kinderwagen ein großes Hindernis dar. Das Grundprinzip, wonach Werbung nur an der Stätte der Leistung erlaubt ist, wird vielfach missachtet.
Dass es auch anders geht, verdeutlichte Geschäftsstraßenmanager Jan Kickinger im Rahmen des heutigen Presstermins ebenfalls: in den Kreuzungsbereichen gibt es Sammelwerbeanlagen, die auf Geschäfte und Restaurants in den Seitenstraßen hinweisen. Außerdem hat das Geschäftsstraßenmanagement in Kooperation mit dem städtischen Bereich Marketing/Kommunikation einen Flyer in Deutsch und Englisch aufgelegt, der auf Einkaufsmöglichkeiten und Veranstaltungen in der barocken Innenstadt, im Holländischen Viertel und im Weberviertel in Babelsberg verweist. „Wenn es einen Wettbewerbsvorteil der historischen Innenstadtbereiche gegenüber den großen Handelszentren Potsdams oder des Umlands gibt, dann besteht er in den einzigartigen, liebevoll und aufwendig rekonstruierten baulichen Ensembles. Diese müssen zur Geltung gebracht werden und dürfen nicht durch Werbeaufsteller zugestellt werden", unterstreicht Matthias Klipp, Potsdams Beigeordneter für Stadtentwicklung und Bauen. Seine Kollegin Elona Müller hebt hervor: „Wir freuen uns darüber, dass die AG Innenstadt, der Handelsverband Berlin-Brandenburg, die Industrie und Handelskammer (IHK) Potsdam und der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) Brandenburg mit uns an einem Strang ziehen, wenn wir diejenigen Gewerbetreibenden, die von sich aus keine Einsicht zeigen, zur Ordnung mahnen. Ohne diese Schulterschluss ließe sich der gordische Knoten nicht zerschlagen."
Über das einheitliche Vorgehen freut sich auch der städtische Beauftragte für Menschen mit Behinderungen Karsten Häschel: „Beim jetzigen Zustand in vielen Bereichen der Innenstadt gilt einmal mehr, dass Menschen nicht behindert sind, sondern behindert werden. Die Achtlosigkeit, mit der Werbeaufsteller oder auch Tische und Stühle Rollstuhlfahrern, Müttern mit Kindern oder blinden Menschen den Zugang zur Innenstadt verleiden, darf nicht länger toleriert werden." Für Karin Genrich, Präsidentin des Handelsverbandes Berlin-Brandenburg, die selbst seit vielen Jahren ein Geschäft in der Brandenburger Straße betreibt, sind die ungenehmigten Werbeanlagen schon lange ein Stein des Anstoßes: „Ich begrüße es sehr, dass jetzt etwas passiert. Und ich würde es noch mehr begrüßen, wenn meine HändlerkollegInnen einsichtig wären, damit Bußgeldverfahren vermieden werden können." Olaf Lücke, Geschäftsführer des DEHOGA, äußert Verständnis dafür, dass die Gastronomen gerade in den umsatzstarken Monaten fast jeden Zentimeter ausnutzen müssen, um ihre Angebote an die Besucher zu bringen, hebt aber hervor: „Die Berücksichtigung von Menschen mit Behinderungen spielt in unserer Marketing- und Qualitätsoffensive ‚Potsdamer Gastlichkeit‘ eine wichtige Rolle. Dazu gehört natürlich auch, dass die Innenstadt barrierefrei passierbar ist. Um in einem Straßencafé Platz nehmen zu können, müssen die Leute auch dahin kommen können." Wolfgang Cornelius, seit vielen Jahren Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Innenstadt, riskiert, dass ihm einige Mitglieder vielleicht den Rücken kehren, wenn er sich vehement für die Einhaltung der Werbesatzung engagiert. „Aber es geht nicht mehr anders. Wir müssen zurück zur Qualität in der Brandenburger Straße, sonst droht der Absturz!"

 

 

 

 

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